top of page

Iran: Patenschaft rettet Rapper Toomaj Salehi vor dem Galgen


Toomaj Salehi wurde aufgrund seiner Solidarität mit der Protestbewegung im Iran zu sechs Jahren Haft verurteilt. Weltweite Unterstützung, auch aus Berlin, bewahrte ihn vor der Todesstrafe.


"Es ist verständlich, dass nun viele Menschen erleichtert sind, dass die Todesstrafe in dem Gerichtsurteil abgewendet wurde. Dennoch müssen wir weiterhin betonen, dass Toomaj keine Straftat begangen hat und zu Unrecht gefangen gehalten wird. Jeder Tag im Gefängnis ist einer zu viel!", schreibt Ye-One Rhie als Antwort auf eine Anfrage der DW. Die Abgeordnete des Deutschen Bundestages ist die politische Patin vom Toomaj Salehi. Sie war die erste Politikerin in Deutschland, die letztes Jahr eine Patenschaft für politische Gefangene im Iran übernommen hat.


Iranische Aktivistinnen in Berlin hatten deutsche Politiker zur Ãœbernahme politischer Patenschaften aufgerufen, nachdem der Rapper Toomaj Salehi Ende Oktober verhaftet worden war.


Anklage: "Krieg gegen Gott"


Die Justiz warf dem Rapper Verbindungen zu feindlichen Staaten vor und klagte ihn gemäß der islamischen Rechtsauffassung wegen "Krieg gegen Gott" und "Korruption auf Erden" an. Diese Vorwürfe hätten zu einem Todesurteil führen können. Nach seiner Verhaftung fürchteten viele Aktivistinnen, dass die Justiz mit der Hinrichtung des Rappers ein Exempel statuieren wollte, um die Protestierenden einzuschüchtern.


Toomaj Salehi unterstützte die landesweiten Proteste, die monatelang das politische System mit dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit" herausgefordert hatten. In seinen Songtexten kritisierte er die Staatsmacht und das brutale Vorgehen gegen die Protestierenden mit Sätzen wie "um eure Verbrechen zu vertuschen, müsst ihr in Blut waten". Die dem Revolutionsgardisten nahestehende Nachrichtenagentur Fars warf dem Rapper vor, "Anführer des Aufruhrs" zu sein.

Nach seiner Verhaftung Ende Oktober 2022 veröffentlichten staatliche Medien ein Video des Künstlers mit verbundenen Augen und Verletzungen im Gesicht, in dem er sich für seine Kritik entschuldigte. Anschließend wurde er 252 Tage lang in Isolationshaft gehalten, zunächst ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand. Angehörige werfen der iranischen Justiz vor, den Rapper in der Halft gefoltert zu haben.



Stimme der Unterdrückten


"Wir wissen, dass eine Patenschaft allein kein Leben retten kann", sagt die iranische Publizistin und Künstlerin Mina Khani. Sie gehört zu den Aktivistinnen, die das Programm politische Patenschaften ins Leben gerufen haben. Gegenüber der DW betonnt sie: "Es geht auch darum, dass selbst im Falle von Hinrichtungen diese Menschen vertreten bleiben und dass der Staat es nicht schafft, die Iraner*innen weltweit zu isolieren und zu töten".


Die willkürliche Verhaftung der Protestierenden erinnert viele Aktivistinnen an dunkle Zeiten, vor allem an das Jahr 1988. Damals waren Tausende von politischen Gefangenen hingerichtet worden, darunter Mitglieder linksgerichteter Oppositionsgruppen und Anhänger der sogenannten Volksmudschahedin. Diese seien "Feinde Gottes", hatte der Revolutionsführer Ayatollah Khomeini in einem Geheimdekret entschieden. Die genaue Anzahl der Hinrichtungen ist bis heute unklar.


So etwas dürfe sich im Zeitalter des Internets und der globalen Vernetzung nicht wiederholen, sagen Aktivistinnen. Die Übernahme der politischen Patenschaft und die darauffolgende mediale Berichterstattung rückte der Fall von Toomaj Salehi in den Fokus der Weltöffentlichkeit. In der Folge belegte auch die EU die Verantwortlichen in seinem Fall mit Sanktionen. Unter anderem ist der Generalanwalt der Provinz Isfahan betroffen.


Nur 30 Minuten Kontakt mit seinen Anwälten


Erst im Januar 2023 erlaubte die Justiz dem Rapper Zugang zu einem Rechtsbeistand. Allerdings durfte er bis zum 10. Juli, als sein Urteil verkündet wurde, insgesamt nur weniger als 30 Minuten mit seinen beiden Anwälten sprechen. Knapp neun Monate nach seiner Verhaftung wurde er zu sechs Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Salehis Anwältin Roza Etemad Ansari zeigte sich gegenüber der Zeitung "Sharq" am Montag am Rande der Urteilsverkündung erleichtert. Sie sprach von einem "guten Urteil". Ihr Mandant wurde nun aus der Isolationshaft in den allgemeinen Bereich der Dastgerd-Haftanstalt in Isfahan verlegt. Dass Salehi der Todesstrafe entging, dürfte er nicht zuletzt seiner Bekanntheit und der weltweiten Unterstützung, auch aus Berlin, verdanken. In den letzten Monaten wurden mindestens sieben Männer hingerichtet, die im Zusammenhang mit den Protesten festgenommen wurden.


Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Welle


bottom of page