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Reaktionen auf vorläufige Freilassung von Toomaj Salehi


Der prominenteste Rapper des Iran wurde nach 386 Tagen Haft und Folter vorläufig freigelassen. Diese Nachricht hat in den sozialen Netzwerken für Jubel und Erleichterung gesorgt.

Selten kommt aus der Islamischen Republik Iran eine Nachricht, die in den sozialen Netzwerken Freude auslöst. Eine dieser Seltenheiten wurde am Samstag im Kurznachrichtendienst X bekanntgegeben: Toomaj Salehi ist auf Kaution freigelassen worden!

Der mittlerweile weltweit bekannte Rapper war Ende Oktober 2022 im Iran verhaftet worden, weil er die landesweiten Proteste mit seinen Songs und durch persönliche Teilnahme an den Demonstrationen unterstützt hatte. Manche nannten ihn sogar „die Stimme der Frau-Leben-Freiheit-Bewegung“ im Iran. Eine Bewegung, die durch den Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 ausgelöst wurde und bis heute in unterschiedlichen Formen andauert.


Lautstarke internationale Proteste


Toomaj wurde „Verderbtheit der Erde“ vorgeworfen, was nach islamischem Recht mit dem Tod bestraft werden kann. Doch die internationalen Proteste gegen seine Verhaftung waren beispiellos. Seit seiner Inhaftierung verging kaum ein Tag, ohne dass in den sozialen Netzwerken auf seinen Zustand im Gefängnis hingewiesen wurde. Schließlich wurde er zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.


Sein Anwalt Amir Raisian sagte gegenüber der Teheraner Zeitung „Shargh“, das Oberste Gerichtshofs des Landes habe beim Berufungsverfahren einige seiner Einwände akzeptiert und den Fall an die Abteilung 1 des Revolutionsgerichts der Stadt Isfahan zurückverwiesen. Wie das endgültige Urteil lauten wird, ist abzuwarten.


Toomaj verbrachte insgesamt 386 Tage im Gefängnis, davon 252 Tage in Einzelhaft. In einem Brief von ihm, der vor etwa sechs Monaten aus dem Gefängnis geschmuggelt wurden, berichtete er von physischer und psychischer Folter. Nur so habe man ihn zwingen können, im staatlichen Fernsehen aufzutreten, um seine „Tat“ – die Veröffentlichung regimekritischer Songs – zu bereuen.


Nach diesem Auftritt hatte es eine weitere Welle der Solidarität mit dem Protestsänger gegeben. Der Tenor: Wir kennen diese unmenschliche Methode des islamischen Regimes zur Brechung seiner Kritiker:innen und zur Verbreitung von Angst und Schrecken, um Protestierende einzuschüchtern.


Anscheinend konnte die Folter den Rapper nicht brechen. Einer der ersten Sätze von Toomaj Salehi nach der Freilassung soll gelautet haben: „Ich dachte, in Einsamkeit die Qualen der Folter zu ertragen, sei das Traurigste. Aber jetzt weiß ich, dass allein (ohne die anderen politischen Gefangenen) freigelassen zu werden noch bitterer ist.“

Der Satz zeuge von seiner Absicht, dass er den Kampf für die Gerechtigkeit im Iran nicht aufgeben werde, schrieben zahlreiche Nutzer:innen der sozialen Netzwerke.


Reaktionen auf Toomajs vorläufige Freilassung


Eine der ersten Personen außerhalb der iranischen Internet-Community, die sich zu Toomajs Freilassung äußerte, war die Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie. Die Sozialdemokratin hatte die politische Patenschaft für Toomaj übernommen und unermüdlich für seine Freilassung gekämpft. Ye-One Rhie drückte auf X ihre Freude über Toomajs Freilassung aus, betonte jedoch: „Freiheit auf Kaution ist keine wirkliche Freiheit, keine Freiheit ohne Bedingungen. Solange die Islamische Republik nicht alle Anklagen gegen ihn fallen lässt, werden wir nicht aufhören, für ihn zu kämpfen.“


Auch Helmut Brandstätter, Abgeordneter der NEOS im österreichischen Parlament hatte für Toomaj eine politische Patenschaft übernommen. Auch er freute sich über Toomajs vorläufige Freilassung und forderte das iranische Regime auf, alle anderen politischen Gefangenen freizulassen.


Die deutsche Sektion von Amnesty International schrieb: „Der iranische Rapper wurde heute auf Kaution freigelassen. Was für wunderbare Nachrichten!“


Viele prominente Iraner:innen wie etwa der Ex-Fußball-Star Ali Karimi und die bekannte Journalistin und Frauenrechtsaktivistin Masih Alinejad, begrüßten ebenfalls die vorläufige Freilassung von Toomaj Salehi und verlangten nach Freiheit für alle politischen Gefangenen. Alinejad bezeichnete Toomaj als „die Stimme der Revolution Frau, Leben, Freiheit“ und versicherte: „Unsere Stimme wird nicht zum Schweigen gebracht und unsere Ideale für Freiheit und Gleichheit werden nicht verschwinden. Jeden Tag sprießen und gedeihen wir, und das Regime verkümmert und blamiert sich mehr.“


Nik Yousefi, Videokünstler und Fotograf, der während der landesweiten Proteste 2022 verhaftet und nach etwa zwei Monaten auf Kaution freigelassen wurde, schrieb auf X: „Keine andere Nachricht hätte mich mehr gefreut!“ Auch er äußerte den Wunsch, dass alle politischen Gefangenen freigelassen werden.


Hossein Ronaghi, einer der bekanntesten politischen Aktivisten des Landes meldete sich auch auf X zu Wort: „Die Freilassung von Toomaj Salehi ist ein Hoffnungsschimmer in diesen bitteren und dunklen Tagen, Tage, an denen Menschen leiden und viele Demonstranten in Gefängnissen sitzen und einige zum Tode verurteilt werden. Toomaj hat wie die iranische Nation all diesen Schwierigkeiten standgehalten, für diesen Widerstand verdienen er und sein Volk Freiheit und ein ehrenhaftes Leben. Toomajs Freiheit bedeutet, dass wir nicht aufgeben sollten“


Ronaghi wies darauf hin, dass Toomaj zu „einer neuen Generation von Kämpfer:innen“ im Iran gehöre, „die fest zu ihrem Engagement für die Menschen und das Land mit politischer und sozialer Verantwortung ohne Partei- und Gruppenambitionen stehen. Es gibt keine Möglichkeit, diese patriotischen Kräfte zum Schweigen zu bringen“.♦


Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des IranJournal

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