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Irans Inflation auf Rekordkurs


Die jüngsten Zahlen der iranischen Zentralbank zeigen, dass die Inflation im April ein Niveau erreicht hat, das es seit der anglo-sowjetischen Invasion im Jahr 1942 nicht mehr gegeben hat.

In einem Artikel vom 25. Mai mit dem Titel »Revolutionsregierung bricht 81-jährigen Inflationsrekord im Iran« listete die dem ehemaligen Präsidenten Hassan Rohani nahestehende Website Aftab News die jährlichen Inflationsraten im Laufe der Zeit auf und wies darauf hin, dass die Inflation im Jahr 1990, ein Jahr nach dem Ende des achtjährigen Iran-Irak-Kriegs, nur neun Prozent betrug, 1996 auf rund 23 Prozent gestiegen war, 2006 bei weniger als zwölf Prozent lag und 2015 etwas über elf Prozent betrug.

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Offizielle Zahlen der iranischen Zentralbank (CBI) zeigen, dass etwa die Lebensmittelpreise zwischen dem 20. April 2022 und dem 20. April 2023 um 79 Prozent gestiegen sind. Dabei haben die CBI und das iranische Statistikzentrum in den beiden letzten Jahren nur unvollständige Zahlen zur Inflation und anderen Wirtschaftsindikatoren veröffentlicht, sodass viele die Richtigkeit der ohnehin schon exorbitant hohen offiziellen Zahlen anzweifeln.

So sagte der Wirtschaftswissenschaftler Mohsen Ghobadlou gegenüber Aftab News, viele Menschen glaubten, dass die Preise für Lebensmittel um über hundert Prozent gestiegen sind. Ghobadlou meinte auch, die Regierung müsse, anstatt »leere Versprechungen« zu geben und »abgedroschene Slogans« zu dreschen, »ernsthafte Maßnahmen« ergreifen, um die Inflation zu senken. Dazu gehörten die Lösung der Sanktionsfrage und der iranische Beitritt zur internationalen Überwachungsorganisation Financial Action Task Force (FATF), die Reduzierung der Staatsausgaben und die Verringerung der Liquidität.

Der Iran steht seit Februar 2020 gemeinsam mit Nordkorea auf der schwarzen Liste der FATF, weil er sich geweigert hat, Gesetze zur Einführung von Transparenzmaßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Korruption und Terrorismusfinanzierung zu verabschieden. Die FATF-Mitglieder sind verpflichtet, verstärkte Sorgfalts- und Gegenmaßnahmen gegen Staaten auf der schwarzen Liste zu ergreifen.

Vermehrte Aufstände?

Der Wirtschaftswissenschaftler Mehdi Pazouki erklärte gegenüber Aftab News die Regierung und das Parlament hätten mit astronomischen Einnahmen aus dem Ölexport gerechnet, die nur dann realisiert werden könnten, würde der Ölpreis eine Höhe 350 Euro erreichen. »Wenn diese Einnahmen nicht erzielt werden, bedeutet das natürlich ein Haushaltsdefizit«, sagte er. Dies wiederum zwinge die Zentralbank, Geld zu drucken, was zu einem Anstieg der Liquidität, einer höheren Inflation und schließlich zu einem Rückgang der Kaufkraft der Bevölkerung führe.

Der stellvertretende Leiter der iranischen Planungs- und Haushaltsorganisation, Rahim Mombeini, sagte am Samstag, das iranische Haushaltsdefizit für das vergangene iranische Jahr, das am 20. März endete, lag bei etwa 18 Mrd. Euro (nach heutigem Wechselkurs) und damit bei über 30 Prozent des operativen Haushalts.

In einem vom Forschungszentrum des Parlaments am 23. Mai veröffentlichten Bericht heißt es, derzeit lebe mehr als ein Drittel der Iraner unterhalb der offiziellen Armutsgrenze. Der wahrscheinliche Anstieg der Mieten und der Kosten für die Gesundheitsversorgung bedrohe darüber hinaus viele Angehörige der Mittelschicht, ebenfalls unter die Armutsgrenze zu fallen.

Demselben Bericht zufolge stieg die Armutsquote von 19,4 Prozent im Jahr 2011 auf über 34,4 Prozent im Jahr 2021, was in absoluten Zahlen mehr als elf Millionen Menschen bedeutet, die in diesem Zeitraum unter die Armutsgrenze fielen. »Unter diesen Umständen wird die Mittelschicht beträchtlich schrumpfen, während die unteren Schichten stärker von staatlicher Hilfe abhängig werden, um zu überleben – was sie vielleicht sogar zu Aufständen treibt«, analysierte ein anonym bleibender iranischer Politologe gegenüber dem TV-Sender Iran International.

Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von mena-watch

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