Repression im Iran: Ein Revolutionsgericht spricht die Journalistin und Menschenrechtlerin Ghazaleh Zarea wegen "feindlicher Propaganda" schuldig. Die 47-Jährige setzte sich für Opfer häuslicher Gewalt ein.
Schon wieder ein Schlag gegen Frauenrechte: Im Iran ist die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Ghazaleh Zarea vom Revolutionsgericht in der Stadt Chorramabad (siehe Karte) zu insgesamt drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Zarea erhielt eine einjährige Haftstrafe wegen "feindlicher Propaganda gegen den Staat" sowie eine zweijährige Haftstrafe wegen "Bildung einer Gruppe zur Störung der öffentlichen Sicherheit" und "Zusammenarbeit mit antirevolutionären Ausländern". Das Urteil wurde am 13. Januar 2024 ausgesprochen.
23 Tage Einzelhaft
Zarea war bereits am 30. Juli 2023 in Chorramabad verhaftet worden. Sie verbrachte 23 Tage in Einzelhaft und weitere zehn Tage in der regulären Frauenabteilung des Gefängnisses von Chorramabad. Noch im vergangenen Jahr wurde sie gegen Kaution freigelassen.
Die Verhaftung erfolgte nur vier Tage vor einer geplanten Reise nach Deutschland, wo sie ihren Onkel Farhad Payarbesuchen wollte. Payar ist Schauspieler, Journalist und Dokumentarfilmer und lebt seit 1980 in Deutschland.
Er arbeitete bis vor kurzem für die DW-Persienredaktion und ist Redaktionsleiter des deutschsprachigen Iran-Journals, einer Website, die über die Entwicklungen im Iran berichtet.
Die 47-jährige Zarea ist Gründerin von zwei Vereinen, die sich für "arbeitende Kinder" und "weibliche Opfer häuslicher Gewalt" einsetzen. Im Jahr 2018 eröffnete sie ein Café in der Stadt Chorramabad. Es diente als Veranstaltungsort für zahlreiche Treffen und Workshops, die sich hauptsächlich mit "Psychologie und Selbstverbesserung" befassen.
Alle Veranstaltungen waren öffentlich und wurden innerhalb der rechtlichen Vorgaben des Landes durchgeführt, einschließlich der Diskussionen über Bücher, die vom Ministerium für Kultur und islamische Führung in Teheran genehmigt worden waren.
Im letzten Workshop Zareas im Mai 2023 ging es um das Buch "Unbegrenztes Spiel", dessen Veröffentlichung ebenfalls vom Ministerium genehmigt worden war.
Einschüchterung von Familie und Freunden
Payar glaubt, dass die Verhaftung seiner Nichte und die anschließende Gefängnisstrafe im Iran auf seine publizistischen Aktivitäten zurückzuführen sein könnte.
"Zwei Wochen nach Ghazalehs Verhaftung erhielt ich eine Nachricht von ihrem Mobiltelefon. Zunächst versuchten sie so zu tun, als ob Ghazaleh selbst mich kontaktiert hätte, aber es war klar, dass es sich um Vernehmungsbeamte handelte, die mich direkt bedrohen wollten", so Payar gegenüber DW.
Während des Anrufs fragte Payar nach dem Aufenthaltsort seiner Nichte und dem Grund der Anklage. Die Antwort lautete: "Zusammenarbeit mit dem Iran Journal und DW-Persisch". Payar gab an, dass die Vernehmungsbeamten ihn während dieses Gesprächs mit Sätzen wie ,"Sie sollten besser aufpassen", bedroht hätten.
"Meiner Meinung nach verfolgt die iranische Regierung drei Ziele: Ghazaleh für ihre zivilen Aktivitäten zu bestrafen, Menschen wie Ghazaleh Angst einzujagen und mich zum Schweigen zu bringen oder zumindest jede Reaktion auf die Ungerechtigkeit und Unterdrückung im Iran zu ersticken", sagte er der DW.
"Dunkler Moment" für den Iran
Manuela Kasper-Claridge, Chefredakteurin der Deutschen Welle, kritisierte das Gerichtsverfahren: "Diese unmenschliche Verurteilung durch das iranische Regime ruiniert sinnlos das Leben einer unschuldigen Frau und ihrer Familie. Es ist ein weiterer dunkler Moment in Irans erfolglosen Versuchen, unabhängigen Journalismus im Ausland und DW-Persian-Journalisten zum Schweigen zu bringen."
Und sie fügte hinzu: "Aber diese Taktik funktioniert nicht - mutige iranische Journalisten setzen ihre Berichterstattung fort. Wir stehen an der Seite von Farhad und seiner Familie und fordern die Aufhebung des unrechten Urteils gegen Ghazaleh Zarea."
Zarea wird gegen die dreijährige Haftstrafe Berufung einlegen. Payar zufolge hat seine Nichte außerdem die Auflage erhalten, sechs Monate lang Teile des Buches "Die Zukunft der Islamischen Revolution" von Morteza Motahhari zu rezitieren und auswendig zu lernen.
Motahhari war einer der Begründer der Islamischen Republik und wurde später zu einem ihrer schärfsten Kritiker. In der Geschichte der Islamischen Republik hat es immer wieder Versuche gegeben, außerhalb des Irans lebende Journalisten einzuschüchtern. Eine von der iranischen Regierung häufig angewandte Methode ist die Ausübung von Druck auf ihre Familienangehörigen im Iran.
Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.
Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Welle
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