top of page

Gasattacken an Schulen: Irans Regierung beschuldigt ausländische „Feinde“

Die Angriffe mit chemischem Gas auf Schülerinnen und Studentinnen sorgen weltweit für Empörung. Im Iran haben sich sogar religiöse Führer - sowohl Schiiten, die zum inneren Kreis des Regimes gehören, als auch Sunniten - gegen die unzureichende Reaktion der Regierung auf die Vergiftungen ausgesprochen. Und das Regime selbst? Macht „Feinde“ aus dem Ausland dafür verantwortlich.




Fotocollage: Iranintl


Der iranische Präsident Ebrahim Raisi bezeichnete am Freitag die Vergiftungswelle gegen Hunderte von Schülerinnen im ganzen Land als Teil eines psychologischen Krieges der Feinde, der darauf abziele, „Stress und Angst unter Schülern und Eltern zu verbreiten und Chaos zu schaffen“. Er sagte laut Iran International nicht, wer diese Feinde sind, aber im Jargon der Islamischen Republik sind mit den „Feinden“ meist die USA und Israel gemeint.


Im Wortlaut: „An einem Tag zetteln die Feinde Straßenkrawalle an und an einem anderen Tag versuchen sie, Probleme im Bereich der Bildung und der Schulen zu schaffen, denn trotz aller Intrigen sind die Menschen im ganzen Land auf den Plan getreten und haben den Feind besiegt.“

Und auch Außenminister Hossein Amir-Abdollahian griff am Freitag die westlichen Regierungen scharf an. „Die interventionistische Reaktion einiger westlicher Behörden auf die Frage der mutmaßlichen Vergiftung von lieben iranischen Studentinnen ist die Fortsetzung des hybriden Krieges des Feindes“, schrieb er in einem Twitter-Post.


Hintergrund: Fünf Monate nach Aufflammen der iranischen Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“, bei der Hunderte von Mädchen und Frauen bei landesweiten staatsfeindlichen Protesten getötet wurden, sind Hunderte von Schulkindern in Großstädten wie Teheran und Qom absichtlich vergiftet worden, mindestens ein Mädchen ist gestorben. Die Deutsche Welle meldet, unter Berufung auf die Zeitung „Shargh“, dass allein in der nordiranischen Stadt Ardabil mehr als 400 Schülerinnen an elf Schulen betroffen seien. Bislang hätten nach Angaben eines iranischen Abgeordneten knapp 1200 Schülerinnen mit Atemnot ärztlich behandelt werden müssen, davon 800 alleine durch Vergiftungen in Ghom. Die Substanzen, die dort gegen die Mädchen eingesetzt wurden, enthielten offenbar Spuren von Stickstoff.

„Die vorsätzliche Vergiftung von Schulmädchen im Iran entlarvt die fanatische, gesetzlose und gewalttätige Mentalität, die unter dieser zügellosen Regierung wieder auflebt und versucht, das ganze Land, insbesondere die Frauen, zurückzudrängen“, kommentiert Hadi Ghaemi, Geschäftsführer des Center for Human Rights in Iran (CHRI).


Auch Iran Human Rights geht davon aus, dass es sich bei den Anschlägen um „koordinierte chemische Terroranschläge“ handelt – und fordert angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Täter den Sicherheitsorganen der Islamischen Republik nahe stehen, eine starke und sofortige Reaktion der internationalen Gemeinschaft.


Der ehemalige iranische Bildungsminister Mohammad Bathaei hat sich laut Iran Wire für die „Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit“ der iranischen Behörden entschuldigt.

Human Rights Watch bemerkt, dass die iranischen Behörden eine „schreckliche“ Bilanz bei der Untersuchung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen haben. Im Jahr 2014 spritzten Angreifer mehreren Frauen in Isfahan Säure ins Gesicht – aber die Behörden hätten nie jemanden festgenommen oder strafrechtlich verfolgt.


bottom of page