top of page

Faktencheck: Falsche Bilder zu Irans Angriff auf Israel

Schlagen hier iranische Drohnen in Israel ein? Seit dem Wochenende kursieren im Netz massenhaft Videos, die den iranischen Drohnenangriff auf Israel zeigen sollen. Viele Aufnahmen sind laut DW-Faktencheck Jahre alt. Von Jan D. Walter


Am vergangenen Wochenende hat der Iran Israel militärisch angegriffen. Rund 300 Raketen, Marschflugkörper und Drohnen schoss das iranische Militär in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf Israel ab. Auch die libanesische Hisbollah-Miliz und die jemenitischen Huthi-Rebellen, die beide dem Mullah-Regime in Teheran nahestehen, beschossen Israel mit Raketen.

Die Bewertung und Einordnung der Militäroperation verläuft allerdings sehr runterschiedlich. Beide Seiten arbeiten mit zweifelhaftem Bildmaterial, um ihre Sicht zu dokumentieren.

Behauptung: "Dieser Angriff zeigt die wahren Farben des Iran", heißt es in der letzten Sequenz eines Videos, dass die israelischen Streitkräfte auf X, ehemals Twitter, gepostet haben. Das Video und Screenshots daraus - ähnliche wie unten zu sehen - wurden vielfach in sozialen Medien verbreitet.

DW-Faktencheck: Falsch.


Die israelische Armee hat den Drohnenangriff des Iran auf Israel in mehreren Videoclips dokumentiert und einige davon in dem fraglichen Video zusammengeschnitten. Der britische Faktenchecker Shayan Sardarizadeh kommt zu dem Ergebnis, dass zwar die Mehrheit der Clips echt seien und vom 14. April stammten. Die letzte Einstellung aber sei vermutlich bereits zehn Jahre alt, so Sardarizadeh auf X.



Dieses Teil des Video zeigt nicht den jüngsten Raketenangriff Irans auf Israel

Eine Bilderrückwärtssuche von DW Faktencheck ergab, dass diese Einstellung bereits mehrfach in russischen Nachrichtensendungen für unterschiedliche Szenarien aus dem Ukrainekrieg genutzt wurde. Ob dies der Ursprung der Sequenz ist, haben wir nicht geprüft. Allerdings können wir bestätigen, was auch ein User unter dem IDF-Post schreibt: Die Erwähnungen  reichen bis 2014 zurück.


Luftabwehr eines Hamas-Angriffs

Behauptung: Ein weiteres Video, das aus einem Hochhaus gefilmt zu sein scheint, zeigt eine Stadt in der Dunkelheit. Es soll die Abwehr des iranischen Luftangriffes zeigen. Zahllose Lichter fliegen über den nächtlichen Himmel und gehen dort in einer Explosion auf. Das Video sowie einzelne Bilder (Stills) daraus wurden auf Tiktok, Instagram und Youtube geteilt.

DW Faktencheck: Falsch.

Wir haben das Video heruntergeladen und in Suchmaschinen nach einzelnen Bildern daraus gesucht. Die ältesten Einträge, unter denen wir es wiedergefunden haben, stammen vom 11. Oktober 2023. Sowohl die britische Boulevardzeitung Daily Mail als auch Hananya Naftali, ein israelischer Polit-Influencer mit Verbindungen zur Regierungspartei Likud von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, veröffentlichten es damals.

Demnach zeigt das Video tatsächlich, wie das israelische Luftabwehr-System "Iron Dome" Raketen abfängt. Allerdings handelt es sich laut beiden Quellen um einen Angriff der militant-islamistischen Hamas, deren Raketen technologisch weit weniger entwickelt sind als die Waffen des Iran und beispielsweise über keinerlei Lenkfunktion verfügen. Viele Staaten, darunter Deutschland, die USA und die EU, stufen die Hamas, wie auch den militärischen Arm der Hisbollah, als Terrororganisationen ein.


Dieses Video zeigt zwar, wie das israelische Luftverteidigungssystem Iron Dome einen Raketenangriff abwehrt, es stammt aber vom Oktober 2023

Laut unterschiedlichen Quellen hat Israel im Verbund mit Partnerstaaten wie den USA, Frankreich und Großbritannien den Angriff weitgehend abgewehrt. Auch Jordanien, mit dem Israel diplomatische Beziehungen, aber keine militärische Partnerschaft pflegt, hat einige der Drohnen über dem eigenen Staatsgebiet zerstört. Laut Armeesprecher Daniel Hagari wurden "99 Prozent" der Geschosse abgefangen.

Dabei kam nicht nur das Raketenabwehr-System Iron Dome zum Einsatz, sondern auch Arrow III, das zur Abwehr in größerer Entfernung geeignet ist, sowie Kampfjets.

Nach israelischen Angaben schlugen lediglich einige wenige ballistische Raketen auf israelischem Territorium ein. Dabei seien 31 Menschen verletzt worden und leichte Sachschäden unter anderem an einem israelischen Luftwaffenstützpunkt entstanden.


Social-Media-Posts feiern iranischen Luftangriff 

Während Israels Regierung die Abwehr des Drohnenangriffs feiert, ist dem Regime in Teheran daran gelegen, den Angriff als Erfolg gegen den Erzfeind Israel zu stilisieren. Zahlreiche Posts in sozialen Medien greifen diese Behauptung auf. Sie belegen diese jedoch ebenfalls mit falschen Videos, die aus ihrem wahren Kontext gerissen wurden. 

Behauptung: "Israel is burning | The time for Israel to disappear from the world map is very close." (Deutsch: Israel brennt | Der Zeitpunkt, an dem Israel von der Weltkarte verschwindet, ist sehr nah.) Dies behauptet ein X-Account und postet dazu ein Video mit mehreren Explosionen - mutmaßlich ebenfalls aus einem der oberen Stockwerke eines Hochhauses gefilmt. Mehrere Feuerbälle erhellen nacheinander die Nacht, Rauchwolken ballen sich gen Himmel.

DW Faktencheck: Falsch.



"Israel brennt", heißt es in dem Post. Das Video ist älter und zeigt wohl einen ukrainischen Luftangriff auf die Hafenstadt Sewastopol auf der russisch besetzten Halbinsel Krim am 24. März dieses Jahres

Auch hier hat uns die Bilderrückwärtssuche auf eine ältere Spur gebracht. Mehrere Einträge bringen dasselbe Video mit einem ukrainischen Luftangriff auf die russisch besetzte Halbinsel Krim am 24. März dieses Jahres in Verbindung.

Laut Daily Mail zeigt es die Zerstörung zweier russischer Kriegsschiffe im Hafen der Stadt Sewastopol. Ob dies tatsächlich der Fall ist, haben wir im Rahmen dieses Faktenchecks nicht weiter geprüft. Wir können jedoch festhalten, dass das Video bereits mindestens drei Wochen vor dem iranischen Luftangriff aufgenommen wurde.


Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.


Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der DW


bottom of page