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Erneuter Inflationsschub im Iran

Trotz wiederholter Versprechen der Regierung, »bald« eine Stärkung der angeschlagenen Landeswährung zu garantieren, ist der iranische Rial am Montag erneut auf einen historischen Tiefstand gefallen.




Die iranische Währung ist zu Wochenbeginn unter eine entscheidende symbolische Schwelle gefallen. So stürzte der Rial auf einen Wert von über 500.000 gegenüber dem US-Dollar, nachdem dieser vor einer Woche 460.000 und Ende August noch 300.000 betragen hatte, was sich auf den Märkten sofort in höheren Preisen widerspiegelte.


Grundnahrungsmittel wie rotes Fleisch sind bereits auf ein noch nie dagewesenes Niveau gestiegen, sodass sie für die Mehrheit der Menschen unerschwinglich geworden sind. Viele Unternehmen wie zum Beispiel Autohändler haben ihre Geschäftstätigkeit bereits eingestellt, während die Bevölkerung versucht, den Wert ihrer Ersparnisse durch Investitionen in solche Waren vor dem Währungsverfall zu erhalten.


Wird die Situation nicht irgendwie behoben und werden die bestehenden Probleme nicht bald gelöst, ist eine weitere Abwertung des Rial im kommenden iranischen Jahr so gut wie sicher. In einer Rede, die Präsident Ebrahim Raisi am Samstag in der Residenz des Obersten Führers Ali Khamenei vor zivilen und militärischen Vertretern und ausländischen Botschaftern hielt, versprach er erneut, die Inflation und den Wertverlust der Landeswährung unter Kontrolle zu bringen, ohne jedoch zu erläutern, wie er dies zu tun gedenkt.


Vor zwei Monaten, als ein Dollar noch für rund 390.000 Rial gehandelt wurde, versuchte Regierungssprecher Mohammad Mokhber die Öffentlichkeit zu beruhigen, dass der Wertverlust nur »vorübergehend« sei. Andere Funktionäre, darunter auch Beamte der iranischen Zentralbank (CBI), geben weiterhin ähnliche Erklärungen und Zusagen ab. CBI-Funktionärin Shiva Ravoshi blies am Sonntag in ein ähnliches Horn, als sie sagte, die für die momentane Lage verantwortliche »Blase auf dem Devisenmarkt« werde definitiv bald platzen, weswegen sie den Menschen rate, keine voreiligen Entscheidungen über den Kauf ausländischer Währungen zu treffen. Ravoshi behauptete auch, mit den neuen Maßnahmen und Änderungen, welche die CBI demnächst einführen wolle, werde der gesamte Devisenbedarf des Landes gedeckt sein und sich die Situation verbessern. Dieses Versprechen ist jedoch exakt dasselbe, das seit Anfang 2018 immer wieder – erfolglos – gegeben wird, als die Währung zu fallen begann, weil die Märkte einen Rückzug der USA aus dem JCPOA-Atomabkommen erwarteten.


Tricks der Regierung?

Konservative Wirtschaftswissenschaftler wie Hossein Raghfar vermuten sogar, die Regierung treibe die Devisenkosten absichtlich in die Höhe, um Aktien zu höheren Preisen verkaufen und so das Haushaltsdefizit ausgleichen zu können. »Das ist das Spiel, das die Regierung selbst spielt, weil das [iranische] Jahr zu Ende geht und sie keine Mittel hat, um die Boni und Gehälter der Angestellten auszubezahlen«, sagte er am Freitag.


Die iranische Währung ist auf ein Vierzehntel ihres Werts gefallen, seitdem die Vereinigten Staaten aus dem Atomabkommen von 2015 ausgestiegen sind und Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik verhängt haben. Da die Fortsetzung der Atomgespräche ungewiss ist, sprechen alle Wirtschaftsdaten gegen den Rial. Die Regierung rühmt sich zwar großer heimlicher Ölexporte, vor allem nach China, hat aber nach wie vor ein Haushaltsdefizit von mehr als fünfzig Prozent zu verzeichnen.


Am Sonntag demonstrierten in den Städten Schusch und Ahvaz im Südwesten des Landes die Rentner mit fixen Pensionen, deren Lebensstandard auf ein noch nie dagewesenes Niveau gesunken ist, vor der Sozialfürsorgeorganisation. »Genug der Unterdrückung! Wir haben kein Essen auf unseren Tischen!« und »Inflation und hohe Preise töten die Menschen töten!«, skandierten die Demonstranten, deren Proteste angesichts der aufgeheizten Lage im Iran nur ein kleiner Vorgeschmack auf das sein könnten, was dem Regime noch bevorstehen mag. Denn der steile Fall des Rial und die dadurch herbeigeführte Teuerung wird auch die von der Regierung geplante Mindestlohnerhöhung von zwanzig Prozent für das nächste (iranische) Jahr auffressen.


Seit die Regierung von Ebrahim Raisi Anfang Januar dem Parlament ihren Haushaltsentwurf vorgelegt hat, ist der Rial um rund zwanzig Prozent gefallen. Der Preise vieler Waren sind damit bereits jetzt in einem Ausmaß gestiegen, das jene zwanzig Prozent Lohnerhöhung übertrifft, die am 21. März in Kraft treten soll.


Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von mena-watch


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