Der Iran droht Frauen, die sich öffentlich ohne Kopftuch zeigen, mit gnadenloser Verfolgung. Der Justizchef sagt, ein solches Verhalten sei gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegenüber den Werten des Landes.
Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi, Foto: Tasnim News Agency, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons
Der Justizchef der Islamischen Republik, Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi, hat härtere Strafen gegen Frauen angekündigt, die in der Öffentlichkeit den vorgeschriebenen Schleier abnehmen. Diejenigen, "die solche anomalen Handlungen begehen, werden bestraft" und "ohne Gnade verfolgt", sagte er nach Meldungen mehrerer iranischer Medien. Das Ablegen des Hidschabs missachte die öffentliche Sittsamkeit und verstoße gegen die Scharia und die Gesetze des Iran. Diese Verstöße würden von den Feinden des Iran unterstützt. Mohseni-Edschehi ließ allerdings offen, mit welchen Strafen die Frauen zu rechnen haben.
Noch radikaler äußerte sich ein strenggläubiger iranischer Abgeordneter. Hossein Ali Haji forderte nach einem Bericht des britischen Senders BBC, gesetzgeberische Maßnahmen, um das durchzusetzen, was er als "göttliches Dekret" des Hidschabs bezeichnet. Falls die Justiz nicht innerhalb der nächsten 48 Stunden entsprechende Maßnahmen ergreife, würden die Abgeordneten einen Gesetzentwurf vorlegen, um das rechtliche Vakuum zu füllen. Er sagte, dass dies im Einklang mit einem Bericht der parlamentarischen Kulturkommission über "Keuschheit und den Hidschab" stehe.
Der demonstrative Verzicht auf ein Kopftuch, mit dem das gesamte Haar bedeckt wird, ist zu einem zentralen Symbol des Widerstands gegen das Regime in Teheran geworden. Ausgelöst wurden die seit Monaten anhaltenden Proteste durch den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini, die Mitte September in Polizeigewahrsam starb. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll.
Gewalt gegen Massenproteste
Sie Polizei geht weitgehend mit brutaler Gewalt gegen Kundgebungen vor. Nach Schätzungen von Menschenrechtlern wurden bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften mehr als 500 Menschen getötet. Tausende Menschen wurden festgenommen und vier Demonstranten hingerichtet. Die Aufstände im Herbst stürzten die politische Führung in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten.
Nach der Protestwelle gegen das islamische Herrschaftssystem ignorieren weiterhin viele Frauen demonstrativ die Kleidungsregeln. Videos und Bilder, die im Internet veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Frustration und die Wut über die Beschränkungen in der iranischen Gesellschaft noch immer stark sind.
Ein Video, das diese Woche veröffentlicht wurde, zeigt einen Mann, der einer unverschleierten Frau einen Becher Joghurt ins Gesicht wirft. Seine Aktion wurde von männlichen und weiblichen Schaulustigen mit Empörung aufgenommen, wie die BBC berichtet. In vielen Städten drücken die Behörden mittlerweile ein Auge zu. Gleichzeitig werden Verstöße gegen die Kopftuchpflicht durch Videoüberwachung verfolgt.
Kopftuch zur "zivilisatorischen Grundlage" des Iran erklärt
Am Donnerstag hatte das Innenministerium das Kopftuch als "eine der zivilisatorischen Grundlagen der iranischen Nation" bezeichnet und an Bürger appelliert, unverschleierte Frauen zur Rede zu stellen. Laut Ministerium gibt es in dieser Frage weder einen Rückzug noch Toleranz. In der Erklärung hieß es, der Hidschab sei nach wie vor ein wesentliches Element des islamischen Rechts und werde als solches eines der wichtigsten Prinzipien der Islamischen Republik Iran bleiben.
Nach der 1979 eingeführten islamischen Scharia sind Frauen verpflichtet, ihr Haar zu bedecken und lange, locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verbergen. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldstrafen oder Verhaftung rechnen.
Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Deutsche Welle
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