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“Die bittere Erkenntnis: Die Menschen im Iran sind auf sich selbst angewiesen“


Am 16. September 2022 starb Jina Mahsa Amini. Der gewaltsame Tod löste landesweit und auch international Proteste gegen das islamische Regime aus, deren Ursachen, Ausmaß und Folgen wir auf iran-revolution.com journalistisch begleiten. Anlässlich des Todestages haben wir fünf ExpertInnen zu einer Interviewrunde eingeladen, um den vor einem Jahr ausgelösten revolutionären Prozess zu bilanzieren und einen Ausblick auf die kommenden Monate zu werfen: Die MenschenrechtlerInnen Shoura Hashemi und Dieter Karg, die Aktivistin Mina Ahadi sowie die Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad und Aras-Nathan Keul. Die Runde wurde moderiert von Bardia Razavi.


Disclaimer: Bei der Auswahl der Gäste waren wir bemüht, den Kreis möglichst heterogen zu besetzen; ein Befürworter von Reza Pahlavi, Sohn des letzten Schahs von Iran, ist kurzfristig ausgefallen.


Wir würden Sie zunächst gern bitten, sich den Leserinnen und Lesern zur Einordnung kurz persönlich vorzustellen. 

 

Shoura Hashemi: Ich bin Shoura Hashemi, Juristin und die letzten 15 Jahre im österreichischen Außenministerium tätig gewesen. Seit Anfang August bin ich bei  Amnesty International Österreich.

 

Mina Ahadi: Mein Name ist Mina Ahadi. Ich komme auch aus dem Iran und lebe schon seit vielen Jahren in Deutschland. Ich habe in dieser Zeit zwei große Organisationen gegründet, den Zentralrat der Ex-Muslime, das Internationale Komitee gegen Steinigung und auch das Internationale Komitee gegen die Todesstrafe. Ich bin Aktivistin und Menschenrechtlerin. 

 

Dieter Karg: Ich bin Mitglied der Iran-Koordinationsgruppe bei Amnesty International Deutschland und derzeit auch deren Sprecher. Seit 2005 bin ich dort aktiv, war allerdings vorher auch schon mit dem Iran befasst.

 

Ali Fathollah-Nejad: Ich bin Politikwissenschaftler und beschäftige mich schon seit über 15 Jahren mit dem Nahen und Mittleren Osten und westlicher Außenpolitik. Ich habe in diesem Jahr einen Think Tank namens CMEG (Center for Middle East and Global Order) gegründet von Wissenschaftlern mit dem Schwerpunkt Iran, die die gleiche Vision haben wie ich: Nämlich eine neue Außenpolitik gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten zu formulieren, die auch menschenrechtsorientiert ist und dabei Interessen und Werte zu versöhnen weiß.

 

Aras-Nathan Keul: Ich bin gelernter Politikwissenschaftler, arbeite im politischen Berlin und beschäftige mich mit Deutschlands Rolle im Nahen Osten.  


Shoura Hashemi

Wie hat sich Ihre persönliche Aufmerksamkeit in Bezug auf politische und gesellschaftliche Verhältnisse im Iran seit Beginn der neuen #IranRevolution gewandelt? 

 

Shoura Hashemi: Bei mir hat sich sehr viel gewandelt. Ich habe mich vor dieser Revolution  recht wenig beruflich mit dem Iran beschäftigt. Ich bin in Österreich groß geworden, fühle mich auch als Österreicherin. Der Iran ist bis zum September 2022 ein Land gewesen, das natürlich zu meinem familiären Hintergrund gehörte, aber das in meinem Beruf keine präsente Rolle spielte – die Intensität kam erst mit den schrecklichen Ereignissen rund um Jina Mahsa Aminis Tod. Seitdem bin ich als Aktivistin tätig. 

 

Was hat sich an Ihrem persönlichen Risikomanagement  geändert?

 

Shoura Hashemi: Während  meiner Tätigkeit im Außenministerium war mein Aktivismus kein Problem. Aber ich musste feststellen, dass die iranische Botschaft in Wien sich regelmäßig über mich und meinen Twitter-Account beschwert hat – sowohl im Außenministerium als auch bei anderen hochrangigen Stellen in Wien. Da habe ich schon gemerkt, dass man mich seitens der Islamischen Republik versucht einzuschüchtern. Es war klar, dass ich beobachtet werde. Und dass ich nicht in den Iran fliege, war ohnehin klar. Dort war ich das letzte Mal vor 15 Jahren.

 

Mina Ahadi

Frau Ahadi, Sie sind ja schon seit einiger Zeit im Fokus des Islamischen Regimes. Hat sich bei Ihnen der Druck in den vergangenen Monaten intensiviert? 

 

Mina Ahadi: Meine Lebensgeschichte ist ja sehr verbunden mit dem Kampf gegen das Islamische Regime. Ich war 22  Jahre alt, als die Islamisten im Iran an die Macht kamen. Seitdem bin ich aktiv. Davor war ich gegen das Pahlavi-Regime aktiv. Ich bin also quasi mein Leben lang auf der Straße, um mich gegen das Unrecht im Iran zu engagieren. Und da bin ich sinnbildlich geblieben, seit mindesten 44 Jahren. Wir haben gegen Hinrichtungen, Steinigungen und Frauenrechtsverletzungen demonstriert. Und auch in Deutschland habe ich mich aktiv gegen Kopftuchzwang, Kinderhijab und allem, was dazu gehört, eingesetzt. Mit der Revolution nach Aminis Tod, dieser Frauenrevolte, war ich zunächst sehr glücklich. Ich hatte Hoffnung und dachte, endlich erfährt die Welt, wovon ich seit mehr als 40 Jahren rede, und endlich bleiben die Uhren stehen. Und ja, jetzt verstehen alle: Die Menschen im Iran wollen das Islamische Regime nicht. Es muss weg. Die Iranerinnen und Iraner wünschen sich ein besseres Leben, wünschen sich zu tanzen, wünschen sich Zufriedenheit und Freiheit. Dafür sind sie nach dem Tod Aminis in Massen auf die Straße gegangen, haben Kopftücher angezündet und gezeigt, dass sie dieses Regime nicht wollen. Das fand ich in dieser Größenordnung einfach unglaublich. 

 

„Weitermachen, bis das Regime abgeschafft ist“

 

Und Ihre Sicherheit? 

 

Mina Ahadi: Ich wurde in den letzten Monaten sehr viel bedroht, habe immer wieder mit Personenschutz zu tun gehabt. Meine Wohnung wurde ausfindig gemacht. Sie haben mir signalisiert, dass sie wissen, wo ich wohne. Mein E-Mail-Konto wurde gehackt, ich bekomme Morddrohungen und bin im Austausch mit der Polizei. Das ist alles nicht schön, aber trotzdem gebe ich nicht auf und denke, dass wir weitermachen müssen, bis das Islamische Regime abgeschafft ist. 

 

Ali Fathollah-Nejad

Herr Fathollah-Nejad, ist die Lage eines Wissenschaftlers, der sich über die Islamische Republik äußert, eine andere als die einer Aktivistin?

 

Ali Fathollah-Nejad: Ich glaube, da gibt es kaum Unterschiede. Die Islamische Republik sieht 

Kritiker, egal ob diese nun Journalist*innen, Aktivist*innen oder Wissenschaftler*innen sind, gleichermaßen als Gefahr. Und das ist natürlich auch proportional zu der Heftigkeit der Ereignisse im Iran und die daraus resultierende Gefahr für das Regime. Das, was wir im letzten Herbst gesehen haben, ist ja auch - wenn man sogar den höchsten Stellen der Revolutionsgarden Glauben schenken will - das Gefährlichste, was dem Regime seit seiner Etablierung passiert ist. 

 

Hat sich denn in Ihrer Aufmerksamkeitsdichte auf die Islamische Republik gewandelt?

 

Ali Fathollah-Nejad: Nein, da gibt es für mich eine Kontinuität. Ich beschäftige mich schon seit Jahren wissenschaftlich mit den Themen Außen- und Geopolitik, und habe mich schon lange vor Jina Mahsa Aminis Tod mit Protestbewegungen im Iran befasst - angefangen mit der Grünen Bewegung 2009 über die sogenannten “Dey”-Proteste 2017/18 und den blutigen November- bzw. Âbân-Protesten im Jahr 2019 hin zur jüngsten, aktuellen Bewegung. Dazu habe ich bereits größere Studien verfasst. Also für mich persönlich hat sich in meiner Aufmerksamkeit nichts geändert, aber meine These bestätigt sich, dass wir es seit den "Dey"-Protesten wohl mit dem Beginn eines langfristigen revolutionären Prozesses in Iran zu tun haben. Dabei haben wir letztes Jahr eine qualitativ neue Bewegung gesehen, die mehr gesellschaftliche Schichten und Gruppierungen vereint. Das ist neu. Hinzu kommt die [neue] avantgardistische Rolle, die die Frauen bei dieser Bewegung spielen.

 

Dieter Karg

Herr Karg, wie sieht Ihre Sicherheitslage aus für jemanden, der außerhalb der iranischen Diaspora steht und sich trotzdem engagiert? 

 

Dieter Karg: Mich hat das gerade sehr erschüttert, was ich gehört habe. Mich persönlich hat nicht eine einzige Bedrohung erreicht – und das, obwohl ich mich ja auch seit Jahren sehr aktiv mit meinem Klarnamen und meiner Position aktiv gegen das Unrecht im Iran einsetze. 

 

„Die Islamische Republik ist bereit zu eskalieren - auch hier in Deutschland“

 

Aras-Nathan Keul

Aras-Nathan Keul: Vor einem Jahr kamen in Berlin knapp 100.000 Menschen zusammen - aus verschiedenen politischen Lagern, mit und ohne iranischem Hintergrund. Alle mit einem gemeinsamen Forderung: das Ende der Islamischen Republik. Ich hoffe, dass man sich auf dieses gemeinsame Ziel besinnt – auch weil die Menschen im Iran sehen, was wir hier machen.

Zugleich ist die Islamische Republik eine Gefahr für deutsche Staatsbürger. Nicht nur für die iranische Diaspora und Dissidenten, sondern auch für Juden in Deutschland. Das wird immer wieder verdrängt. Es gab auch schon Anschläge auf Synagogen, die vermutlich einem Netzwerk der Islamischen Republik zugerechnet werden können, wie etwa kürzlich in Nordrhein-Westfalen. Das zeigt: die Islamische Republik hat ein Netzwerk hier in Deutschland, das fähig und bereit ist, zu eskalieren.


 

Kann man denn überhaupt schon heute von einer Iran-Revolution sprechen, oder kann man das erst, wenn eine Revolution erfolgreich war? 

 

Mina Ahadi: Ich denke, das ist ganz klar eine Revolution. Sie hat zwar noch nicht ihr Ziel erreicht, aber sie hat eine fortbestehende Tendenz, vor allem mit Sicht auf die Frauen im Iran, die nun auch aufgestanden sind. Und nicht nur das: Sie stehen auf und verbrennen oder verweigern ihre Kopftücher. Das ist schon revolutionär, denn an diesem Kopftuch und dem Zwang, es zu tragen, entscheidet sich viel. Ich sage, das ist nicht nur eine Revolution gegen das Regime im Iran sondern auch eine Revolution gegen das Kopftuch. Es wäre wichtig, das wissenschaftlich aufzuarbeiten, damit die Weltöffentlichkeit diesen so wichtigen Kampf der Frauen in einem islamisch regierten Land sieht.  

 

Herr Fathollah-Nejad, wie sehen Sie das? 

 

Ali Fathollah-Nejad: Als Wissenschaftler muss ich natürlich diese Unterscheidung machen: Klar, wir haben noch keine Revolution – aber einen revolutionären Prozess, angefangen bei den Dey-Protesten. Bei der Grünen Bewegung 2009 gab es ja noch Hoffnung auf Reformen innerhalb der bestehenden Verhältnisse gemacht wurde. Das bedeutet nicht, dass es damals keine radikaleren Elemente, Individuen und Gruppierungen gab, aber die Bewegung wurde sehr maßgeblich bestimmt von reformistischen Eliten.

Neu ist jetzt – und das ist für mich einer der wichtigsten Faktoren –, dass bei den Dey-Protesten zum ersten Mal die unteren Schichten der iranischen Gesellschaft, die bis dato als soziale Basis des Regimes galten, auf die Straße gegangen sind, en masse, und auch revolutionäre Slogans skandiert haben, und auch zum ersten Mal gegen die sogenannten Reformisten des Establishments. Das war eigentlich ein Novum.


In Bezug auf 2022: Asef Bayat, ein weltweit führender Experte zu sozialen Bewegungen im Nahen und Mittleren Osten, hat das, was wir im letzten Herbst gesehen haben, als „revolutionäre Episode“ bezeichnet. Eine revolutionäre Situation haben wir aber noch nicht. Trotzdem denke ich, dass der Hashtag #IranRevolution seine Berechtigung hat, weil es die Stoßrichtung zeigt.

 

„Wir haben eine Kulturrevolution im Iran“

 

Und das, was Frau Ahadi sagt, stimmt auch. Wir haben eine Kulturrevolution im Iran, wenn man sieht, dass so viele Frauen zum ersten Mal aufstehen und das Kopftuch ablegen. Es hat sich in dieser jüngsten Bewegung also sehr viel verändert, v.a. in der Tatsache, dass Reformen nicht mehr als Option gesehen werden. Deswegen auch haben wir es mit einem revolutionären Prozess zu tun, der noch einige Herausforderungen birgt, bis wir in die nächste qualitative Phase gelangen – aber wir befinden uns in einem revolutionären Moment, der  viele veritable Risse innerhalb der iranischen Machtelite offenbart. Es bröckelt. Und es geht über in die nächste Phase, die noch tiefere Risse offenbart. Historisch betrachtet, sehen wir, dass die Revolution 1979 ja auch länger gedauert hat, bis sie erfolgreich war. Es gibt Experten, die ihre Anfänge auf die frühen 70er Jahre zurückdatieren. Man weiß also, dass es dauern kann – auch wenn es aufgrund besonderer Ereignisse auch mal schlagartig zu einer Transformation kommen kann. Das ist nicht vorhersehbar, aber jederzeit möglich. Und eine Stabilität, wie sie uns derzeit suggeriert wird, kann auch eine Scheinstabilität sein.

 

Kann man eine Analogie herstellen zu der Art, wie der Westen den Blick auf den Iran richtet?

 

Ali Fathollah-Nejad: Ich glaube schon, dass es da gewisse Analogien gibt, in dem Sinne, dass man im Westen lange Zeit davon ausgegangen ist, auch in den letzten Jahren,  dass die Islamische Republik Iran in einer Region, die von Tumult und Chaos und Volksbewegungen gekennzeichnet ist – im Zuge des arabischen Frühlings von 2010/2011 –, eine Insel der Stabilität ist. Genau das hat das Regime auch versucht zu verkaufen gegenüber dem Westen, vor allem der ehemalige Außenminister Zarif. Es gab im Übrigen auch eine Episode, wo sowohl der saudische als auch der iranische  Außenminister dem Westen verkaufen wollten, dass sie Inseln der Stabilität seien und sich die USA deswegen mit ihnen arrangieren sollten. Das ist autoritäres Stabilitätsdenken, wo man davon ausgeht, dass Diktaturen am besten in der Lage sind, eine geopolitische Stabilität herzustellen. Und es bedeutet auch, dass man eine große Skepsis hat gegenüber Volksbewegungen. Und das ist das Perverse an der Sicht des demokratischen Westens auf diese Staaten: Man schenkt Diktaturen mehr Vertrauen als Demokratiebewegungen. Dieses  Stabilitätsdenken ist nach wie vor sehr, sehr stark ausgeprägt im Westen, deswegen ist man hier ja auch wieder zum Business as usual mit der Islamischen Republik übergegangen - just zu der Zeit, als die Straßenproteste Anfang des Jahres abgeflaut sind, hat der Westen angefangen, wieder Verhandlungen über einen untransparenten Deal zu führen mit der Islamischen Republik - etwas, was in meinen Augen skandalöser Weise überhaupt nicht thematisiert wird seit vielen Monaten. Dabei ist es so eine wichtige Zäsur.

 

„Atom-Verhandlungen aus PR-Gründen auf Eis gelegt“

 

 Shoura, Sie waren ja selbst jahrelang im diplomatischen Dienst des österreichischen Außenministeriums, wenn auch nicht mit unmittelbarem Bezug zum Iran. Aber wie ist Ihre Sicht, was den Umgang des Westens mit der Islamischen Republik angeht? 

 

Shoura Hashemi: Ich sehe es genauso, wie Herr Fathollah-Nejad. Es wurde tatsächlich wieder angefangen zu verhandeln. Man hat im Herbst letzten Jahres die Verhandlungen auf Eis gelegt, das war schon kurz vor dem Tod Jina Mahsa Aminis aus verschiedenen Gründen der Fall, weil man sich nicht auf gewisse Forderungen einigen konnte. Zum Beispiel ging es da auch schon um Revolutionsgarden, die ja in den USA schon länger als Terrororganisation gelistet sind. Da gab es schon vor Aminis Tod einiges Hin und Her, weshalb man nach ihrem Tod die Verhandlungen aus Marketing-PR-Gründen zunächst mal auf Eis legen konnte, weil auch die Proteste im Iran immer größer wurden und man sich keine offiziellen Beziehungen leisten wollte. Aber seit dem Jahreswechsel gehen die Verhandlungen weiter. Es gibt wieder regelmäßige Besuche der IAEA-Delegationen in Teheran, in Wien und auch Treffen mit Unterhändlern im Oman. Meine Vermutung ist, dass es dabei um eine Art Atom-Deal-Light geht, der nicht so umfassend sein soll, wie der, den Donald Trump aufgekündigt hat, bei dem tatsächlich die Uran-Anreicherung im Mittelpunkt stehen soll - aber wo es natürlich auch wieder um die Freigabe von massiven Vermögenswerten geht. Da reden wir von Geldern in Dimensionen, die der Öffentlichkeit gar nicht bekannt sind.

 

Zudem herrscht in Regierungskreisen tatsächlich Angst, dass es im Iran wirtschaftlich bergab geht, ich habe das Wort „Hungersnot“ bereits ein paar Mal vernommen. Diese und ihre Folgen will man natürlich vermeiden, deswegen sucht man neue Verhandlungen und glaubt, das sei die richtige Lösung - auch wenn man weiß, wie heikel das ist, weil man auch ein bisschen Angst vor der iranischen Diaspora hat, die darauf aufmerksam macht. 

 

Herr Karg, denken Sie, dass im Zusammenhang des diplomatischen Umgangs des Westens mit der Islamischen Republik, Menschenrechte - wenn überhaupt – nur ein beschönigender Rahmen sind, aber nicht Inhalt des Umgangs?

 

Dieter Karg: Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber wir sind schon enttäuscht von den Reaktionen der Politik in den verschiedenen Ländern. Ich denke, dass da abgewogen wird und Menschenrechte halt nur ein Punkt sind, der in Betracht gezogen wird, aber nicht als der wichtigste. Es werden ja auch noch weiterhin wirtschaftliche Beziehungen zum Iran gepflegt und man hat wahrscheinlich auch Angst, dass sich das Atomprogramm weiterentwickeln könnte in eine gefährliche Richtung, so dass man nicht die ganzen Kommunikationsverbindungen abbrechen lassen will. Es ist unserer Meinung nach auch nicht sehr viel passiert im Umgang mit der IRI. Nach diesem Beschluss, dass von der UNO aus eine Untersuchungskommission zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran eingerichtet werden soll, habe ich nichts mehr erfahren oder gehört. Da herrscht ein absolutes Stillschweigen. Und was auch zu erkennen ist: Die Forderung von Amnesty International, dass die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen nach dem Weltrechtsprinzip im Ausland auch verfolgt werden sollten, stößt offenbar auf taube Ohren. Mir ist jedenfalls keine Anklage in der Richtung bekannt. Es scheint, als ob der menschenrechtliche Elan etwas erlahmt ist, nachdem es am Anfang doch sehr viele Bekundungen gab. Und das Thema konzentriert sich eigentlich mehr oder weniger nur auf persönliche Initiativen, zum Beispiel auf die Patenschaften für im Iran inhaftierte Menschen. Die finden ja leider nicht auf offizieller Ebene statt. 

 

„Wir ergreifen Partei für die falsche Seite“

 

 

Herr Keul, wie sieht es mit Israel aus? Hat es eine Art Schlüsselrolle inne?  

 

Aras-Nathan Keul:  Israel nimmt die Islamische Republik außenpolitisch sehr ernst, besonders deren konkrete Drohungen, den Staat Israel anzugreifen. Von diesem realistischen Blick können wir uns eine Scheibe abschneiden.

Generell erinnert der deutsche Umgang mit der Islamischen Republik an den Umgang, den Deutschland vor dem Krieg auch gegenüber Russland hatte. Auch hier haben wir es mit einer hoch ideologisierten Diktatur zu tun, die mit Gewalt ihre Vormachtstellung in der Region ausbauen will und mit ihren Proxies Stabilität und Frieden gefährdet – doch wir verschließen die Augen davor.

Deutschland, Europa und der Westen trauen sich nicht, eine eigene Strategie gegenüber der Islamischen Republik zu entwickeln. Stattdessen hecheln wir immer nur dem hinterher, was die Machthaber in Teheran vorgeben. Und das hat zur Folge, dass wir uns erpressbar machen. Deutsche Staatsbürger werden gekidnappt und gefangen genommen - ohne faire Prozesse. Auch sind deutsche Staatsbürger in Gefahr, wenn sie in die Region reisen. Das sind Zustände, die wir nicht tolerieren sollten. Und trotzdem wird zu wenig dagegen unternommen.

Es heißt immer, wir mischen uns nicht ein in die Angelegenheiten der Islamischen Republik. Aber dadurch, dass wir unseren Kurs gegenüber dem Regime nicht verschärfen, mischen wir uns doch ein – nur eben für die falsche Seite.


Frau Ahadi, Sie sagten eingangs, dass Sie nach dem September 2022 Hoffnung hatten – in der Vergangenheitsform. Haben Sie damit die politische Gespaltenheit innerhalb der iranischen Diaspora angedeutet?

 

Mina Ahadi: Ich denke, wir reden über eine Diaspora, die sehr aktiv ist - und war, auch das schon seit 44 Jahren. Es gibt riesige Bewegungen und Organisationen weltweit, die sich seit Bestehen des Regimes gegen das Unrecht in ihrer Heimat engagieren. Ich bin der Meinung, dass wir in den grundlegenden Punkten zusammenstehen und gemeinsam gegen das Regime kämpfen sollten, denn das wichtigste Ziel muss im Vordergrund stehen: Das Islamische Regime muss weg, weil es im gesamten Nahen Osten für Unruhe sorgt. Es geht jetzt nicht um die Frage, ob angeblich eine Person oder ein bestimmter Stab diese Revolution anführen muss, damit sie erfolgreich wird. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass wir uns auf den Sturz des Regimes konzentrieren und es nicht die Zeit ist, auf Demos Werbung für bestimmte mögliche neue Führungspersönlichkeiten oder Organisationen zu machen. Das finde ich nicht okay. Ich denke, wir gehen in eine gute Richtung, wenn wir zusammenhalten und uns auf das eine Ziel konzentrieren. 

 

Frau Hashemi, Sie haben eben einen kurzen Einblick gewährt in Flurgespräche, die Sie geführt haben hinsichtlich der Angst, die man vor der iranischen Diaspora habe. 

Mögen Sie da ein wenig mehr zwitschern, was Ihnen gesagt worden ist?

 

Shoura Hashemi: Also der Blick von Ministerien auf die iranische Diaspora - ich spreche jetzt für Österreich, obwohl Deutschland ähnlich tickt - ist ein bisschen ambivalent. Einerseits schätzt man die Iraner, weil sie eine gut integrierte Bevölkerungsgruppe sind, ein hohes Bildungsniveau haben, akademische Jobs bekleiden und keine Integrationsschwierigkeiten aufweisen … Andererseits werden sie in Bezug auf ihre Heimat als schwierig wahrgenommen. Es ist auch öfter mal in Gesprächen der Begriff „aggressiv“ gefallen. Ich weiß, dass es Leute gibt, die sich ungern mit Diaspora-Vertretern und -Vertreterinnen treffen, weil sie das Gefühl haben, sie werden nur mit Vorwürfen überschüttet. Und das, obwohl man die Iraner sehr schätzt. Das ist die Ambivalenz. 

 

„Kaum Leute, die die Interessen der Diaspora auf offizieller Ebene vertreten können“

 

 

Ist es Teil des Problems, dass der Diaspora nicht genug Gehör geschenkt wird? 

 

Shoura Hashemi: Also meine Wahrnehmung ist, dass in den letzten Jahrzehnten die Diaspora zwar schon viel getan hat, aber vielleicht dieses politische Lobbying nicht ausreichend und intensiv genug betrieben hat, sondern eher mit Demos beschäftigt war - mit Kundgebungen, mit Mahnwachen, mit aktivistischen Geschichten –, so dass man es ein bisschen versäumt hat, auch Leute aufzubauen, die sprechen können, die man vorschicken kann, die argumentieren können, die die Nerven bewahren und die Interessen der Diaspora auf offizieller Ebene vertreten. Auch in Österreich hatten wir sehr stark das Problem, dass es einfach nicht viele Leute gegeben hat, die in der Lage waren, eine repräsentative Rolle einzunehmen. Ich glaube, die Ausrichtung der politischen Arbeit der Diaspora war eine sehr aktivistische, was gut ist, aber ich glaube, man hat es nicht professionell genug betrieben.

 

Herr Fathollah-Nejad, Sie haben einen Think Tank namens Center for Middle East and Global Order gegründet und befassen sich als dessen Direktor mit dem Themenkomplex Iran und Islamische Republik. Wie schätzen Sie mit diesem Hintergrund die iranische Diaspora ein? 

 

Ali Fathollah-Nejad: Also zunächst einmal möchte ich sagen, dass dieser Think Tank ein rein ehrenamtliches Projekt ist. Wir haben keinen Finanzierer hinter uns, sondern ein Kern-Team aus iranisch-stämmigen Wissenschaftlern, die allesamt sehr substantiell aber auch kritisch arbeiten. Aber wir haben auch sehr, sehr viele arabische Wissenschaftler dabei und schauen uns gemeinsam wichtige Transformationen in dieser Region an, beobachten und bewerten die langfristigen revolutionären Prozesse. Ich glaube, dieses Projekt hat ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt in den USA durchaus auch iran-amerikanische Think Tanks, die sind aber entweder eher apologetisch oder eher royalistisch oder haben eine Sympathie für eine andere politische Ideologie. Was wir derzeit beobachten, trotz der immensen Aktivitäten der iranischen Diaspora, ist eine extreme Beruhigung. Was ich zum Beispiel persönlich vermisse, ist der Aufschrei in Bezug auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen. Frau Hashemi hat es ja kurz  angesprochen: Da werden einfach Milliarden von eingefrorenen iranischen Geldern wieder freigegeben und die Amerikaner versuchen, das so zu verkaufen, dass diese für humanitäre Zwecke benutzt werden sollen. Was mir da fehlt, ist die stetige Beobachtung der politischen Entwicklungen. Obgleich auch ein Paradigmenwechsel bei vielen reformgläubigen Iranern im Westen stattgefunden hat, haben wir es hier mit einem Marathon und nicht mit einem Sprint zu tun, deswegen bedarf es einer stetigen Aufmerksamkeit gegenüber der realpolitischen Entwicklungen.

 

„Es läuft für die Islamische Republik wie am Schnürchen“

 

 

Wir bekommen Rückmeldungen aus dem Iran, dass man sich jetzt in der sogenannten Ruhe vor dem Sturm befinde – und der Jahrestag von Jina Mahsa Aminis Tod nochmal für eine große Protestwelle sorgen werde. Wo steht der Iran Ihrer Ansicht nach in einem Jahr? 

 

Aras-Nathan Keul: Derzeit läuft es für die Islamische Republik sehr gut: wieder aufgenommene diplomatische Beziehungen zum vormaligen regionalen Rivalen Saudi-Arabien, Aufnahme in die BRICS-Staaten, eine sich intensivierende Zusammenarbeit mit Russland, durch die Geiseldiplomatie gefüllten Kassen, erschöpfte Aufmerksamkeit aus dem Westen. Fest steht: In absehbarer Zukunft wird sich die westliche Iran-Politik nicht groß ändern. Die bittere Erkenntnis daraus ist: Die Menschen in Iran sind auf sich selbst gestellt.

Als Diaspora haben wir unseren Ukraine-Moment verpasst. Ende September 2022, als in Iran die Menschen auf die Straßen gegangen sind und hier die Aufmerksamkeit und die Solidarität riesig war und die Medien ununterbrochen berichtet haben – haben wir es nicht geschafft, unsere Emotionen und unsere Empörung in klare politische Forderungen zu übersetzen. Leider.


 

Herr Karg, wie ist Ihr Ausblick?

 

Dieter Karg: Ich bin der gleichen Meinung wie Herr Nathan: Es stimmt leider, dass die iranische Bevölkerung auf sich selbst angewiesen ist. Es wäre zudem noch viel gefährlicher für die Menschen dort, wenn sie vom Ausland sichtbare Unterstützung bekämen, weil das dann noch zusätzlich als Legitimation für die regierende Elite wirken könnte – nach dem Motto: Wir haben es ja schon immer gesagt, dass diese Proteste aus dem Ausland gesteuert werden. Die brutale Unterdrückung der Menschen funktioniert ja immer noch. Man hat die Kontrolle zurückgewonnen und wird jetzt sogar noch härter, indem man zum Beispiel die Kopftuchvorschriften noch rigider anwendet. Ich befürchte, es wird sehr blutig ausgehen, wenn es denn überhaupt zu einem Erfolg kommen sollte. Siehe das Beispiel Syrien, wo Russland massiv eingegriffen hat, um seinen Verbündeten zu halten. Deswegen denke ich, dass es verdammt hart, gewaltsam und blutig wird für die Menschen im Iran.  

 

„Die strukturellen Motoren des revolutionären Prozess sind noch da“

 

 

Herr Fathollah-Nejad, Ihre Prognose?

 

Ali Fathollah-Nejad: Ich gehe davon aus, dass dieser revolutionäre Prozess weitergehen wird, weil die strukturellen Motoren noch da sind. Das sind vor allen Dingen mindestens 

vier große Krisen. Zum einen ist es eine sozioökonomische Krise, die die Mehrheit der iranischen Bevölkerung in Armut ausharren lässt. Diese weitet sich aktuell dramatisch aus auf weite Teile der Mittelschicht. Die Inflationsrate offiziell liegt bei ungefähr 50 Prozent. 

Inoffiziell gehen einige unabhängige Ökonomen davon aus, dass man das in manchen Fällen sogar verdoppeln muss. Für vulnerable Haushalte liegt die Inflationsrate sogar bei 80 und 90 Prozent bei Nahrungsmitteln und Gütern, die einen disproportionalen Anteil der 

Ausgaben darstellen. Dann haben wir natürlich eine ökologische Krise, die auch sehr viele 

politische Proteste hervorgerufen hat. Daneben sehen wir diesen Gender-Gap, der sehr, sehr explosiv ist: eine sozio-ökonomisch, politische und sozio-kulturelle Diskriminierung der Hälfte der iranischen Bevölkerung, die sich das auch nicht mehr bieten lässt.

 

Und nicht zuletzt haben wir als Gravitationszentrum eine politische Krise: die Unreformierbarkeit des Systems. Aber das Problem ist, wie auch in manchen anderen Ländern der Region, dass das Alte in Iran am Sterben ist, aber noch nichts Neues entstehen kann. Und es gibt eine harsche Repression, vor allem in den letzten Wochen im Hinblick auf den Jahrestag. Wir haben damit seit Anfang des Jahres eine neue Phase innerhalb dieses revolutionären Prozesses, in der es auch sehr viel um Organisation geht, auf zivilgesellschaftlicher Basis, um Koordinierung, um Kommunikation, um politische und ökonomische Visionen.

 

Dann haben wir die Herausforderung der stetigen Involvierung der Arbeiterbewegung, die permanent in der Lage sein müsste zu streiken. Wir haben eine überwältigende Mehrheit der iranischen Arbeiterschaft, die einen irregulären Arbeitsvertrag haben. Da sieht man, wie groß die Herausforderung ist, weil diese Leute, die irregulär beschäftigt sind, nicht einfach über längere Zeiträume streiken können. Es fehlt ihnen die Sicherheit, die ökonomische Sicherheit vor allem. Es gibt natürlich auch eine massive Repression in den wichtigen Sektoren der Wirtschaft. Da muss man abwarten, wie weit sich das auf den Fortgang des revolutionären Prozesses auswirkt. Aber ich gehe insgesamt davon aus, dass dieser Prozess aufgrund der strukturellen Motoren weitergehen wird. 

 

Außenpolitisch, das wurde ja schon gesagt, haben wir eine Situation, in der die Politik des Westens von Schwäche geprägt ist - was die Islamische Republik für sich nutzbar macht. Sie feiert außenpolitische Erfolge. Es gibt eine autoritäre Annäherung des Regimes zu Saudi-Arabien, wobei abzuwarten bleibt, wie nachhaltig diese ist. Dann gibt es die BRICS-Erweiterung. Und dann gibt es nach wie vor die Obsession mit dem Atomdeal, die eine Wiederaufnahme der Diplomatie ebenfalls begünstigt. Der Westen ist eigentlich an dem Status quo interessiert, möchte zum Business as usual zurückkehren – auch ungeachtet dessen, wie viele Menschen dieses Regime umbringt. Nehmen wir nur mal die blutigen November-Proteste im Jahr 2019: Da war von 1500 Menschen die Rede, die innerhalb einer halben bis ganzen Woche umgebracht wurden.

 

Es ist ein Paradigmenwechsel in der europäischen Iran-Politik absolut notwendig. Ich habe das in einer jüngst erschienen 70-seitigen Studie dokumentiert. Und dort steht auch, dass man nicht ohne Konditionen in die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen gehen darf – aber genau das ist ja passiert. Es gibt große Herausforderungen, sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch. Die Kluft zwischen Staat und Gesellschaft im Iran ist aber irreversibel. Ich glaube auch nicht, dass das Regime beispielsweise im Hinblick auf die Parlamentswahlen im nächsten Jahr mit der Re-Integrierung von reformistischen Figuren wieder an Legitimität gewinnen kann. Ich glaube auch nicht, dass die Revolutionsgarden, sollten sie im Iran noch stärker die Macht übernehmen, in der Lage sein werden, die sozioökonomischen und politischen Probleme zu lindern, sonst hätten die das ja schon längst gemacht.

 

 

„Wir kämpfen gegen die Politik europäischer Regierungen“

 

 

Frau Ahadi, was sagen Sie? 

 

Mina Ahadi: Wir kämpfen hier gegen ein Islamisches Regime, aber dazu gehört auch der Kampf gegen die Politik von europäischen Regierungen. Immer wieder, wenn wir dagegen auf die Straße gehen. Genau deswegen, denke ich, ist es eine sehr komplizierte Arbeit, die wir in Bezug auf den Iran angefangen haben. Die Tragweite ist groß, allein schon, was das Netzwerk der Islamischen Republik angeht, unter anderem dessen Zusammenarbeit mit Russland und Putin. Wir müssen die europäischen Regierungen, die angeblich für Demokratie und Menschenrechte stehen, weiter auf alle Missstände aufmerksam machen. Wir stehen damit vor einer großen Aufgabe. Herr Fathollah-Nejad hat diese gut auf den Punkt gebracht und auch sehr gut wissenschaftlich erklärt. Ich stehe in Kontakt mit vielen Menschen im Iran, mit Arbeiter-, Frauen- und Studentenbewegungen, und alle versuchen jetzt, sich auch ein bisschen vorzubereiten, vernetzen sich immer mehr und lernen aus all diesen Prozessen. Sie stellen wirklich eine große Hoffnung dar, weil Armut und Arbeitslosigkeit die Menschen erdrücken. Im Iran existieren große Probleme, die ein Zusammenleben mit dem Regime nicht mehr zulassen. Viele Menschen dort sind sehr intellektuell, sehr fortschrittlich und sehr westlich orientiert. Sie möchten frei sein. Und genau deswegen kann das so nicht weitergehen. Ich war immer Optimist und ich bleibe Optimist. 

 

Vor der jüngsten Protest-Bewegung haben viele Menschen gesagt, dass man da nicht viel machen könne im Iran – bis sie die Massen auf den Straßen gesehen haben. Selbst ich hätte nicht gedacht, dass so etwas im Iran passieren kann. Wenn man jetzt aber beobachtet, wie viele Demonstrationen und Aufstände es dort täglich gibt und wie gut die Menschen im Iran inzwischen vernetzt sind, egal aus welchen politischen Lagern, bleibe ich trotz der großen Herausforderungen sehr optimistisch. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Wenn diese Revolution erfolgreich wird, könnte sie einen Schneeballeffekt auslösen in anderen Ländern, wo ebenfalls Unterdrückung herrscht: in Saudi-Arabien, Afghanistan, im Libanon, im Jemen, in Palästina. Es hilft also sehr vielen Ländern und Menschen, wenn das Regime im Iran endlich stürzt. Und genau deswegen müssen wir weitermachen.

 

Frau Hashemi, mit Ihnen haben wir die Runde begonnen, mit Ihnen und Ihrer Prognose schließen wir sie. Wird der Hashtag #IranRevolution seinem Namen auch künftig perspektivisch gerecht?

 

Shoura Hashemi: Also wir haben ja jetzt schon wirklich viele gute Analysen gehört. Vor allem Herr Fathollah-Nejad hat die Situation sehr gut analysiert. Ich bin ja jetzt hauptberuflich Menschenrechtlerin, und mein Zugang ist ebenfalls, die Situation positiv zu kommunizieren. Und ich möchte, so wie es Frau Ahadi gesagt hat, die Hoffnung bewahren. Ich möchte Optimistin bleiben. Ich glaube auch sehr stark an diese junge Generation im Iran. Ich setze sehr viel Hoffnung in diese Menschen. Ich glaube, dass sie mutiger sind, vielleicht auch mutiger als die Generationen zuvor. Ich glaube, dass sie wissen, was sie tun. Und ja, auch ich möchte daran glauben, dass der revolutionäre Prozess – wenn auch nicht kurzfristig oder mittelfristig, aber langfristig – zum Ziel führt und der Hashtag #IranRevolution seine Berechtigung behält. 

 


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