Am Dienstag ist der Deutsche Jamshid Sharmahd von einem Revolutionsgericht in Teheran wegen „Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt, wie iran-revolution.com bereits berichtete. Wir haben Stimmen und Reaktionen gesammelt.
Hintergrund: Sharmahd lebte seit 2003 in den USA und engagierte sich dort in der Exil-Oppositionsgruppe „Tondar“ (Donner). Er beteiligte sich als Ingenieur und IT-Experte an einem Radiosender der Exilgruppe, wie die Deutsche Welle schreibt. Die Islamische Republik wirft ihm vor, der Anführer einer terroristischen Gruppe zu sein. Desweiteren mach ihn Irans Justiz für einen Anschlag im Jahr 2008 in einer Moschee der Stadt Shiras verantwortlich. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben. Er sei der „Anführer einer US-basierten Terrorgruppe“, so iranische News-Seiten, die von der Regierung kontrolliert werden.
Sharmahd wurde 2020 von einem iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und in den Iran verschleppt. Seitdem ist er in Teheran inhaftiert und befindet sich seit über 900 Tagen in Einzelhaft. Der Deutsch-Iraner leidet unter Parkinson; eine angemessene medizinische Versorgung wird ihm verweigert. Seine Familie habe seit über zwei Jahren so gut wie keinen Kontakt zu ihm, so Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
Die Reaktionen
Am Mittwoch erklärte Außenministerin Annalena Baerbock, sie habe angesichts des Todesurteils den Geschäftsträger der iranischen Botschaft einbestellen lassen. Als Folge habe die Bundesregierung außerdem zwei Angehörige der iranischen Botschaft zu unerwünschten Personen erklärt und mit kurzer Frist aufgefordert, Deutschland zu verlassen, so die Deutsche Welle.
Gegenüber dem „Tagesspiegel“ kommentiert der Sohn des Verurteilten, Shayan Sharmahd, den Schritt des Außenministeriums:„ Das iranische Regime empfindet die deutsche Diplomatie als weich. Und deswegen können sie das immer wieder machen: Exiliraner entführen und Todesurteile aussprechen. Deutschland müsste aggressiver gegen diesen Terror vorgehen. Wenn Deutschland eine Super-Power ist, dann müssen sie das jetzt zeigen!“
Das „Center for Human Rights in Iran“ (CHRI) kritisiert das Todesurteil und nennt ihn einen Einschüchterungsversuch der Islamischen Republik. Kritik an ihrer repressiven Politik in der Diaspora und der breiten internationalen Gemeinschaft solle dadurch zum Schweigen gebracht werden.
CDU-Vorsitzender Friedrich Merz, der Anfang Januar die politische Patenschaft für ihn übernahm, übt ebenfalls scharfe Kritik am Todesurteil und schreibt auf Twitter: „Er hatte keinen Anwalt seines Vertrauens und die deutsche Botschaft keinen konsularischen Zugang.“ Und: „Die Bundesregierung, die USA und die Vereinten Nationen müssen den Iran in die Schranken weisen – mit allen Mitteln, die der freien Welt zur Verfügung stehen“, zitiert zeit.de Merz.
Während der CDU-Vorsitzende fordert, dass die diplomatischen Beziehungen auf die Geschäftsträger-Ebene zurückgestuft werden müssen (d.h., die Botschafter würden jeweils ausgewiesen beziehungsweise aus dem anderen Staat abgezogen), kündigt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock an, die Verhängung der Todesstrafe werde eine „deutliche Reaktion“ zur Folge haben. Weiter erklärt sie, dass das Auswärtige Amt sich „immer wieder und hochrangig“ für Sharmahd eingesetzt habe. „Die intensiven Bemühungen wurden von Iran missachtet, der konsularische Zugang und auch der Zugang zu den Prozessterminen wurden uns immer wieder verweigert“, lautet ihr Statement, veröffentlicht vom Auswärtigen Amt.
Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International, verlangt, dass sich die Bundesregierung klar und deutlich für die Aufhebung des Todesurteils und seine Freilassung einsetzen müsse. „Es braucht jetzt öffentlichen Druck statt stiller Diplomatie“, schreibt sie.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt zum Todesurteil im Iran: „Der Iran diskutiert nicht mit seinen Gegnern, er schaltet sie aus. Es ist ein Zeichen der Schwäche und des fehlenden Vertrauens in die Überzeugungskraft der eigenen Worte.“
Die „Mitteldeutsche Zeitung“ meint, die Ausweisung zweier Botschaftsangehöriger wirke zwar wie ein „sehr lauer Protest“. Allerdings gehöre zur Diplomatie auch das schrittweise Vorgehen. Das Ausweisen des Botschafters oder der Abbruch diplomatischer Beziehungen wären jetzt „symbolträchtige Aktionen, die zumindest kurzfristig Genugtuung verschaffen würden. Aber damit wären die Türen zum Iran zunächst einmal zu. Den Regimekritikern wäre damit nicht geholfen.“
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